So planen und bauen wir neue Straßen

Die Entstehung einer Straße oder eines Radweges ist ein vielschichtiger und demokratischer Prozess, bei dem die unterschiedlichen Interessen von Landkreisen, Städten, Gemeinden sowie Bürgerinnen und Bürgern berücksichtigt werden. Auch müssen Infrastruktur und Umweltbelange in Einklang gebracht werden. Bis zur Genehmigung und Umsetzung eines Straßenbauprojektes sind verschiedene Planungsphasen zu durchlaufen.

Oberste Priorität hat bei allen Verfahren, den größtmöglichen verkehrlichen Nutzen bei gleichzeitiger Minimierung der Beeinträchtigungen auf die vorhandenen Schutzgüter (Menschen, Tiere, Pflanzen und weitere) herauszuarbeiten.

Dieser Prozess – von der Bedarfsermittlung, über erste Untersuchungen bis zum erlangten Baurecht – nimmt mehrere Jahre in Anspruch. Erst danach schreibt die Straßenbauverwaltung alle Leistungen gemäß gesetzlicher Vorgaben aus und vergibt sie im freien Wettbewerb an externe Baufirmen. Sind die Verträge geschlossen, kann der Bau beginnen.

Von der Idee zur Straße

1. Bedarfsermittlung

Voraussetzung für den Neubau von Straßen ist ein entsprechender Bedarf. Für die Bundesfernstraßen erfolgt der Bedarfsnachweis im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans. Auf Grundlage des Bundesverkehrswegeplans wird der sogenannte Bedarfsplan erarbeitet und als Anlage zum Fernstraßenausbaugesetz vom Deutschen Bundestag beschlossen. Für die Entwicklung der Mobilität in Mecklenburg-Vorpommern liefert zudem der integrierte Landesverkehrsplan der Landesregierung Handlungsempfehlungen.

2. Vorplanung bis Linienfindung – Welche Linie läuft optimal?

Bei der Linienfindung geht es primär darum, einen optimalen Verlauf einer neuen Straße zu finden. Auf den Plänen werden mögliche Streckenverläufe als Linien dargestellt. Für jede Linie werden innerhalb eines festgelegten Korridors Auswirkungen auf die Schutzgüter sowie die verkehrliche Funktionalität untersucht und bewertet. Wichtigstes Instrument dieser Planungsphase ist die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Diese umfasst die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Vorhabens auf die einzelnen Schutzgüter. Sofern betroffen, müssen auch Auswirkungen auf europäische Schutzgebiete dargestellt und bewertet werden.

In den konfliktärmsten Korridoren werden die verschiedenen Varianten für das Straßenbauvorhaben entwickelt. Anschließend werden die Vor- und Nachteile aller Varianten in einem Vergleich ermittelt.
Beurteilungskriterien sind unter anderem:

  • verkehrliche Wirkungen (zum Beispiel Leistungsfähigkeit und Verkehrssicherheit)
  • Auswirkungen auf die Umweltschutzgüter (Menschen, Tiere, Pflanzen, Luft, Wasser, Boden, Landschaft, Klima, Kultur- und Sachgüter)
  • raumplanerische Belange (zum Beispiel Ortsbild und städtebauliche Entwicklungsmöglichkeiten)
  • Eingriffe in vorhandene Strukturen (zum Beispiel Siedlungs- und Wirtschaftsstrukturen, Gebäude- und Flächeninanspruchnahme)
  • wirtschaftliche Belange (Baukosten, Baudurchführung und Betriebskosten)

Unter Berücksichtigung der Beurteilungskriterien wird aus allen untersuchten Streckenverläufen eine Vorzugsvariante herausgearbeitet. Nach Sichtung aller entscheidungsrelevanten Unterlagen erfolgt die endgültige Linienfindung.

3. Vorentwurfsplanung – Wie könnte die Straße aussehen?

Nach Bestätigung der Linie wird für die Vorzugsvariante die bautechnische Lösung im Rahmen der Vorentwurfsplanung durch das Straßenbauamt erarbeitet. Dabei werden folgende Ziele verfolgt:

  • möglichst umweltgerechte Trassierung,
  • Erfüllung der Sicherheitsanforderungen,
  • Gewährleistung der Leistungsfähigkeit
  • und Berücksichtigung notwendiger wirtschaftlicher Gesichtspunkte.

Zur Berücksichtigung der Belange Dritter sind in dieser Planungsphase eine Reihe von Abstimmungsgesprächen mit betroffenen Behörden, Verbänden und Privaten erforderlich.

4. Planfeststellung – Jetzt wird Baurecht geschaffen!

Nach Bestätigung des Vorentwurfs beginnen die Vorbereitungen auf das Baurechtverfahren mit der Erstellung der Planfeststellungsunterlagen. Diese bilden die Grundlage für die Gesamtabwägung aller öffentlich-rechtlichen und privaten Belange in der Planfeststellung und für die Regelung von Grunderwerbs- und Entschädigungsfragen.

Die Planfeststellung ist ein besonderes Verwaltungsverfahren, welches bei raumbedeutsamen Bauvorhaben angewandt wird. Die Unterschiede zum gewöhnlichen Verwaltungsverfahren sind vor allem die umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung. Das Planfeststellungsverfahren beginnt auf Antrag und mit der Einreichung der erforderlichen Unterlagen durch den Vorhabenträger (zum Beispiel Straßenbauamt) bei der Planfeststellungsbehörde.

Das Verfahren gliedert sich in ein Anhörungsverfahren und die eigentliche Planfeststellung. Die Planfeststellungsbehörde fordert die vom Plan betroffenen Behörden zur Abgabe von Stellungnahmen auf. Weiterhin veranlasst sie die öffentliche Auslegung des Plans in den betroffenen Gemeinden. Jede betroffene natürliche oder juristische Person kann Einwendungen gegen das Bauvorhaben innerhalb einer gesetzten Frist vorbringen. Bei einem gemeinsamen Erörterungstermin (Betroffene, Planfeststellungsbehörde und Vorhabenträger) werden alle rechtzeitig vorgebrachten Einwendungen mündlich erörtert, diskutiert und in vielen Fällen durch Auflagen und Kompromisslösungen ausgeräumt. Über alle nicht behobenen Einwendungen entscheidet in einem zweiten Schritt die Planfeststellungsbehörde durch Abwägung der Interessen.

Das Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens ist der Planfeststellungsbeschluss. Mit dem Planfeststellungsbeschluss gilt das Bauvorhaben als genehmigt. Der Beschluss entfaltet Konzentrationswirkung, d.h. er ersetzt alle anderen behördlichen Genehmigungen. Gegen den Beschluss besteht innerhalb einer bestimmten Frist die Möglichkeit der Klage vor Verwaltungsgerichten. Bei einem nicht mehr anfechtbaren und somit bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss sind Ansprüche Dritter auf Unterlassung, Beseitigung oder Änderung des Bauvorhabens ausgeschlossen.

5. Ausführungsentwurf - So wird gebaut!

Auf Grundlage der Entwurfsplanung sowie unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Planfeststellungsverfahrens wird die Ausführungsplanung erarbeitet. Anhand der hier erstellten Unterlagen sollen die Leistungen vor Ort ausgeführt werden.

Zu den Unterlagen zählen diverse Pläne und eine Leistungsbeschreibung, welche aus dem Leistungsverzeichnis und der Baubeschreibung besteht. Die Baubeschreibung ist eine textliche Abhandlung der gesamten Bauleistung in all ihren Bestandteilen. Im Leistungsverzeichnis werden alle erforderlichen Materialien und Arbeitsschritte mengenmäßig erfasst.

6. Ausschreibung und Vergabe

Die Ausführung der Bauleistung wird vergeben. Zur Wahrung eines ordentlichen Wettbewerbs sowie zur Gewährleistung des wirtschaftlichen Umgangs mit Steuergeldern sind alle öffentlichen Auftraggeber an formelle Vergabeverfahren gebunden. Je nach Kosten muss national oder europaweit ausgeschrieben werden.

Anhand der angeforderten Leistungsbeschreibung können die Bauunternehmen (Bieter) innerhalb einer Frist ihre Angebote an die Vergabestelle (zum Beispiel Straßenbauamt) versenden. Dort werden die eingegangenen Angebote in einem mehrstufigen Verfahren nach formellen Kriterien, nach Sachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Bieter sowie nach der Wirtschaftlichkeit des Angebots geprüft.

Das wirtschaftlichste Angebot erhält den Zuschlag.

7. Ausführungsphase - Die Straße entsteht...

In der Ausführungsphase übernehmen die Straßenbaubehörden die Funktion des Bauherrn sowie der Bauaufsicht. Als Bauherr überwachen sie den Fortschritt und koordinieren den Bauablauf.

Zu den Aufgaben der Bauaufsicht gehört vor allem die Kontrolle und Überwachung der Bauverfahren und Baumaterialien unter Beachtung der allgemein anerkannten Regeln der Technik.